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Menschenrechtsbeauftragte bei Vivantes: Von Arbeitssicherheit bis Zulieferer

Sarah Hofer ist bei Vivantes eine von zwei Menschenrechtsbeauftragten und kümmert sich um Menschenrechtsstandards und Umweltschutzrichtlinien. Im Interview erklärt sie, was ihre Arbeit konkret umfasst und warum das Risikomanagement eine so wichtige Rolle spielt.

Frau Hofer, was machen Sie als Menschenrechtsbeauftragte für Vivantes?

Sara Hofer: Als Menschenrechtsbeauftragte im Sinne des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes – so heißt es korrekt – ist es meine Aufgabe, sicherzustellen, dass wir bei Vivantes menschenrechtliche und umweltbezogene Risiken erkennen, die mit unserer Geschäftstätigkeit einhergehen könnten. Erstmal geht’s darum, Transparenz zu schaffen, aber natürlich auch darum, Risiken aktiv entgegenzuwirken. Das gilt für unseren eigenen Geschäftsbereich sowie für unsere Lieferkette, also alle Zulieferer.

Risiken: Wie man sie überwachen kann

Das klingt etwas abstrakt – welche Umwelt-Risiken und Menschenrechts-Risiken sind das?

Zu den menschenrechtlichen Risiken gehören beispielsweise Kinderarbeit, Zwangsarbeit, Diskriminierung, fehlende Arbeitssicherheit oder fehlender Gesundheitsschutz. Andererseits gibt es Risiken im Umweltschutz wie Boden-, Wasser oder Luftverschmutzung oder das Quecksilber-Verbot. Dazu haben wir auch eine Grundsatzerklärung abgegeben.

Wie genau überwachen Sie denn diese Risiken?

Ein wichtiger Teil meiner Arbeit besteht darin, das Risikomanagement des Unternehmens zu überwachen und dann eben gegebenenfalls anzupassen. Das bedeutet, dass ich im Auftrag und im engen Austausch mit der Geschäftsführung sicherstelle, dass Vivantes Risikoanalysen durchführt und darauf aufbauend angemessene Maßnahmen implementiert , um Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden zu vermeiden.

Wie Tools und Hinweise helfen

Welche konkreten Maßnahmen haben Sie dafür ergriffen?

Erst einmal haben wir unsere Risiken analysiert. Für unsere Lieferketten haben wir ein digitales Tool eingeführt, das uns - insbesondere die Beschaffungsstellen - dabei unterstützt, regelmäßig die Risiken unserer Zulieferer dokumentiert und nachvollziehbar zu analysieren. Es unterstützt auch uns Menschenrechtsbeauftragte, denn über das Tool können Hinweise und Beschwerden, die unsere Lieferkette betreffen, eingereicht werden.

Initial mussten wir zunächst alle Sorgfaltspflichten umsetzen und dafür Sorge tragen, dass dies fortwährend sichergestellt ist. In einer bereichs- und gesellschaftsübergreifenden Projektgruppe mit Steuerungsgruppe haben wir also ein knappes Jahr an der Implementierung der Sorgfaltspflichten gearbeitet. Unseren Fortschritt & Entscheidungsbedarfe haben wir sehr regelmäßig mit der Geschäftsführung besprochen. 

Und noch etwas: Wir haben ein Hinweis- und Beschwerdemanagementsystem eingeführt.

Wie funktioniert das Hinweis- und Beschwerdemanagementsystem?

Hinweisgeber*innen und Beschwerdeführer*innen können sich an mich - eine der beiden Menschenrechtsbeauftragten - wenden, und zwar streng vertraulich. Dieser direkte Meldeweg ist für Hinweise oder Beschwerden bezüglich der Einhaltung von Menschenrechtsstandards und/oder Umweltschutzrichtlinien, die den eigenen Geschäftsbereich von Vivantes betreffen.

Nach einer Eingangsbestätigung informiere ich die Absenderin oder den Absender regelmäßig über nächste Schritte. Eventuell nehme ich Kontakt auf, wenn ich wichtige Fragen haben sollte. Ich überprüfe und bewerte jeden Hinweis. Natürlich kann ich mir intern dazu Unterstützung holen. Nach wenigen Wochen erhält die hinweisgebende Person eine finale Information darüber, was wir unternommen haben.

Gleiches Prozedere gilt auch für Hinweise und Beschwerden, die unsere Zulieferer betreffen. Über unser digitales Beschwerdemanagement können in sämtlichen Sprachen Hinweise eingereicht werden.

Analyse: Zulieferer haben keine oder sehr geringe Risiken

Zu den Lieferketten: Ist es nicht illusorisch, alle Zulieferer komplett zu überwachen, auch wenn es nun ein Tool dafür gibt?

Wir haben eine vierstellige Zahl an Zulieferern und haben analysiert, dass aktuell 98 Prozent dieser Hersteller kein Risiko oder ein sehr geringes Risiko haben. Es gibt also wenige Ausnahmen, die wir nur schwer einschätzen können, etwa, wenn Hersteller nicht in Europa sitzen. Diese Einschätzung bezieht sich zunächst auf unsere direkten Zulieferer und inkludiert -noch- nicht die komplette Lieferkette.

Gemeinsam mit allen anderen Unternehmen Transparenz in globale Lieferketten zu bringen, ist daher besonders wichtig. Als Vivantes haben wir ganz explizit Einfluss auf unsere direkten Zulieferer, weitergehend wird es dann etwas komplexer und undurchsichtiger. Durch das LkSG haben sich Unternehmen nun auf den Weg gemacht, zunächst Risiken in Bezug auf Umweltaspekte und Menschenrechte zu identifizieren und im nächsten Schritt Abhilfe zu verschaffen.

Es ist besonders wichtig, gemeinsam mit allen anderen Unternehmen Transparenz in globale Lieferketten zu bringen. Wenn sich jedes Unternehmen sich seiner Verantwortung bewusst ist und sich so gut wie möglich um die Umsetzung der Sorgfaltspflichten kümmert, sind wir ein großes Stück weiter.

Menschenrechtsbeauftragte im Sinne des LieferkettensorgfaltspflichtengesetzesSarah Hofer

Gibt es besondere Herausforderungen bei Ihrer Arbeit?

Eine der größten Herausforderungen besteht darin, sicherzustellen, dass alle Beteiligten bei uns im LkSG-Risikomanagement über die unternehmersiche Verantwortung im Bereich Menschenrechte und Umweltschutz informiert sind und ihre sehr umfangreichen Aufgaben kontinuierlich wahrnehmen. Blicken wir auf EU-Ebene, dann bekommen wir die aktuelle Debatte zum Thema CSDDD (Corporate Sustainability Due Diligence Directive  (deutscher-nachhaltigkeitskodex.de)) mit – das europäische Lieferkettengesetz. Da wird sich sicherlich noch einiges in punkto Lieferketten und unternehmerischen Sorgfaltspflichten entwickeln.

Mehr Umweltschutz und auf Menschenrechte achten - das Gesetz ist also durchaus sinnvoll?

Ja! Wenn sich jedes Unternehmen sich seiner Verantwortung bewusst ist und sich so gut wie möglich um die Umsetzung der Sorgfaltspflichten kümmert, sind wir ein großes Stück weiter. Es ist mir persönlich wichtig, dass Menschenrechte und Umweltschutz im Unternehmenskontext immer mehr an Bedeutung gewinnen, und ich bin stolz darauf, einen Beitrag dazu leisten zu können.

 
 

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