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So geht Diversity in der Physiotherapie

Im Arbeitsalltag stellt Physiotherapeutin Camila Strehlke fest, wie divers Vivantes ist - Kolleg*innen haben unterschiedliche Hintergründe und Herangehensweisen, es gibt viele Altersgruppen und Menschen verschiedener Herkunft. Das Thema Diversität hat sie auch aus der Perspektive der Patient*innen beleuchtet.

Schon für Ihr Studium haben Sie das Thema Diversity bei Vivantes untersucht. Mit welchem Ergebnis?

Camila Strehlke; Physiotherapeutin bei Vivantes: Bei Vivantes wird viel für Mitarbeitende gemacht – es gibt die Frauenvertretung, den Diversity-Rat, und, wie ich finde, ein gutes Klima, um diese Themen voranzubringen. Auch in unserem Physio-Team funktioniert die Zusammenarbeit sehr gut, unabhängig von Herkunft, Alter, Identität, Religion.

Zum „Tag der Physiotherapie“ halten Sie einen Vortrag. Wie ist Ihr Fokus?

Unter anderem versuche ich die Frage zu beantworten, warum kultursensible Pflege und Therapie im Gesundheitswesen so wichtig ist. Das Verständnis von Gesundheit und Krankheit unterscheidet sich mitunter stark. In manchen Kulturkreisen wird eine Erkrankung zum Beispiel eher als schicksalhaft angenommen und es ist schwer, Patient*innen zu motivieren; ihnen zu erklären, dass sie selbst Einfluss auf die Genesung nehmen können.

Sie wollen Vielfalt in die Therapie einbeziehen in dem sie sie stärker berücksichtigen?

Ja, unsere Patient*innen kommen oft in Notsituationen und mit Ängsten zu uns ins Krankenhaus. In der deutschen Kultur ist eine sehr direkte Kommunikation gefragt, eine klare Erklärung, man will schnell zum Ziel kommen. In anderen Kulturen gibt es Tabus, man möchte niemanden verletzen und muss sich über den Kontext erschließen, welche Bedürfnisse Patient*innen haben. Da ist die non-verbale Fürsorge vielleicht wichtiger, als das klare Wort.

 

Welche Bedeutung hat Diversität in der Zusammenarbeit mit ihren Kolleg*innen?

Wenn beispielsweise Azubis bei uns sind, die eine andere Muttersprache als deutsch haben, hilft uns das in der Kommunikation mit Patient*innen aus anderen Kulturkreisen. Dafür zeigen uns ältere Kolleg*innen, die schon mit vielen Patient*innen gearbeitet haben, ihre erprobten Techniken, bringen mehr Erfahrung mit. Kolleg*innen die studiert haben, geben uns einen wissenschaftlichen Input, weil manches inzwischen an der Uni anders gelehrt wird. Die Mischung macht’s!

Was wäre so ein Beispiel für einen neuen Ansatz?

Ich arbeite gerade mit jungen Müttern auf der Wöchnerin-Station, also in der Geburtsmedizin. Früher hieß es, es dürfen keine Beckenboden-Übungen gemacht werden, solange eine Mutter noch einen Katheter hat. Jetzt habe ich erfahren, dass man den Beckenboden zwar noch nicht kräftigen sollte, aber durchaus Wahrnehmungsübungen mit dem Beckenboden durchführen kann.

Warum ist das Thema Diversität insbesondere in der Physiotherapie wichtig?

Die Physiotherapeut*innen verbringen von allen Berufsgruppen vielleicht die meiste Zeit am Bett bei den Patient*innen. Bei unserer Arbeit geht es sehr viel um Kommunikation. Und wir haben in der Klinik viele Mütter, die wenig deutsch sprechen, teils einen Fluchthintergrund haben. Wie kann ich ihnen erklären, dass der Beckenboden angesteuert werden muss? Wie können wir den werdenden Müttern vermitteln, sich während der Schwangerschaft um die Vorsorge zu kümmern, zum Beispiel Yoga zu machen; ist das mit ihrer Lebenssituation überhaupt vereinbar? Ist die Entbindung letztlich so gelaufen, wie sich die Mutter das gewünscht hat? Wie können wir kulturelle Unterschiede verstehen, Frauen in ihrer Unterschiedlichkeit annehmen, ihnen die Unsicherheit nehmen und Vertrauen aufbauen? Da wollen wir ansetzen.

Mehr über die Physiotherapie: Vivantes Therapeutische Dienste

Mehr über Diversity bei Vivantes: Infos zu Diversity 

Der 10. Berlin-Brandenburger Tag der Physiotherapie findet am 16. März statt: Deutscher Verband für Physiotherapie (ZVK) - Länderverbund Nordost // Termine LVNO regional // Veranstaltungen vor Ort (physio-deutschland.de)